9punkt - Die Debattenrundschau

Kommentierter Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Da ist viel Platz am Lagerfeuer

08.05.2024. Wäre die Geschichte der DDR aufgearbeitet worden, wären die Ostdeutschen nicht so pro-russisch, glaubt Anne Rabe in der SZ. Die Zeit lässt  Khola Maryam Hübsch von der Ahmadiyya-Sekte und den Autor Hamed Abdel-Samad über die Begriffe Kalifat und Scharia streiten. Der Ruf nach der Vernichtung Israels wird jedenfalls nicht Frieden bringen, ruft Spiegel-Kolumnist Richard C. Schneider den pro-Hamas Demonstranten entgegen.

Diese romantische Vergaffung

07.05.2024. In der NZZ staunt der Schriftsteller Sergei Gerasimow über die "Faschizophrenie" Putins, der sanitäre Zonen in Charkiw einrichten will. In der FR geißelt der amerikanisch-palästinensische Historiker Rashid Khalidi Israel als "siedlungskoloniales Projekt". In der Welt wundert sich Mirna Funk nicht über die antiisraelischen und antisemitischen Demonstrationen: Juden, die sich wehren, sind unbeliebt. Derweil wächst im Iran der Druck auf Frauen, das Kopftuch tragen zu müssen, berichtet die FAZ. Die taz stellt die Organisation "Men Having Babies" vor, die liebende Leihmütter an schwule Männer vermittelt.

Diese latente Bedrohung

06.05.2024. Nein, die Berliner Republik ist nicht Weimar, aber den Vergleich ziehen die Zeitungen nach den jüngsten Ausbrüchen politischer Gewalt schon. Wie ist es zu erklären, dass der leidenschaftlichste Ausbruch studentischen Aktivismus' seit den 1960er Jahren der Delegitimierung Israels gilt, fragt der Autor Yossi Klein Halevi in der Times of Israel. Die Ruhrbarone lesen den eigentlich weggesperrten Bericht des Bundesinnenministeriums zur Muslimfeindlichkeit. "Muslim Interaktiv" und extreme Rechte sind Teile eines Problems, schreibt Volker Weiß in der SZ.

Es beginnt eine große Verheerung

04.05.2024. Gäbe es die Hamas nicht, wäre keiner dieser Menschen tot, sagt der Antisemitismusforscher Jeffrey Herf in der taz - und ist bestürzt über das Bündnis heutiger "Linker" mit Nachfolgern der Nazis. Bei der Debatte um das richtige Fleischessen zur Verhinderung des Klimawandels boxen Hedwig Richter und FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube jetzt ohne Handschuhe. Die FAZ informiert auch über Gefahren, die von Gagausien ausgehen. Für Welt-Autor Thomas Schmid verkörpert Claudia Roth die Tendenz zu einer Verstaatlichung der Geschichtsdebatten.

Die Grenzen unseres Handelns

03.05.2024. In der taz erzählt die mexikanische Journalistin Teresa Montaño, wie es ist, vom eigenen Staat entführt zu werden. Was die Lautstärke des Schweigens betrifft, da dürften die Islamverbände einen Rekord halten, meint Spiegel online. Es ist nicht so sehr die Frage, ob Iwan Iljin ein Faschist war, sondern wie seine Philosophie Putin beeinflusst, meint die NZZ. Warum gibt es in Baden-Württemberg Religions- aber nicht Ethikunterricht, fragt hpd.de. Und Macron wiederholt: Bodentruppen nicht ausgeschlossen.

Das Versprechen der Gewaltlosigkeit

02.05.2024. In der FAZ macht sich Dror Wahrman große Sorgen um Israel: Der Zusammenhalt in der Gesellschaft schwinde immer mehr. Der Campus der Columbia-Universität wurde geräumt - für die Demokraten könnten die Proteste zum Verhängnis werden, meint die Zeit. Auf Spon verteidigt Jürgen Zimmerer Claudia Roths Konzept für eine neue Erinnerungskultur. Postkoloniale Linke können es einfach nicht ertragen, dass ein demokratischer Staat wie Israel auch mal Gewalt anwenden muss, um seine Bevölkerung zu schützen, ruft Gesa Lindemann auf Zeit Online. Ein Polexit ist unwahrscheinlich, beruhigt Andrzej Leder in der FR.

Verschiedene Wahrheiten

30.04.2024. Im Interview mit Zeit online ärgert sich die Schriftstellerin Mithu Sanyal über die "Sündenbock-Funktion", die dem Postkolonialismus seit dem 7. Oktober zugeschoben werde. Die FAZ wundert sich nicht über die antisemitische Stimmung an amerikanischen Universitäten: Hass auf Israel und den Westen sei dort signifikanter Bestandteil des Kerncurriculums. Antisemitische Proteste? Überhaupt nicht, wehrt sich auf CNN ein jüdischer Student, der die kollektive Entscheidungsfindung der Demonstranten in Yale lobt. Die SZ fragt, warum nur der § 218 einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Menschen erlaubt.

Unter einer blauen Plane

29.04.2024. Die antiisraelischen Studentenproteste gehen weltweit weiter. Londoner Behörden packen jetzt Holocaust-Mahnmale ein, um sie vor Vandalen zu schützen, berichtet Daily Mail. Die SZ greift einen Artikel des Tech-Kritikers Cory Doctorow auf und prangert neue Formen des Überwachungskapitalismus an: Du merkst es an der Sitzheizung in Deinem BMW! In Zeit online will Politikwissenschaftler Marcus Bösch nicht mehr nur Jugendliche vor Tiktok schützen.

Nehmt endlich auch mein Leben

27.04.2024. Im Interview mit Zeit online plädiert die Ethikprofessorin Ingrid Robeyns dafür, dass niemand mehr als 1 Million Euro oder höchstens 10 Millionen besitzen sollte. Die NZZ erklärt, warum die polnische Erinnerungspolitik eines Wandels bedarf. In der taz fordern Sylvie Goulard und Daniel Cohn-Bendit ein föderales Europa. Der Rapper Toomaj Salehi wurde im Iran zum Tode verurteilt, berichtet die SZ. Die Welt ist einigermaßen fassungslos, welche Rechte das neue Selbstbestimmungsgesetz Eltern über ihre Kinder gibt. Die FAZ erzählt, warum syrische Flüchtlinge im Libanon nicht integriert werden.

Aber die Stimmung ist hin

26.04.2024. "Einfrieren" ist nicht der richtige Weg, sagt der Historiker Jörn Leonhard, Autor des Buchs "Über Kriege und wie man sie beendet", in der SZ. In Zeit-Online warnt die italienische Philosophin Donatella di Cesare vor einer "Orbanisierung Italiens". Die FAZ schildert einen seltsamen Streit zwischen russischen Faschisten, die glauben, sie seien Antifaschisten. Auf den Seiten der Naumann-Stiftung erzählt die deutsch-israelische Journalistin Sarah Cohen-Fantl, warum sie mit ihrer Familie nach Israel zurückzieht.